Dari ist meine Sprache.

Ein Akrostichon von Reza (Übergangsklasse), Teilnehmer des Workshops in der Internationalen Jugendbibliothek München (Leitung: Beate Schäfer und Tina Rausch). Reza hat auf Farsi geschrieben.  Anders als in der deutschen Übersetzung hat er im Ursprungstext nicht den Begriff  „Freund“, sondern den Begriff „Familie“ zugrunde gelegt:

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Das bedeutet auf Deutsch:

F    Fußball ist mein Lieblingssport.

A    Trauben sind süß.
[Traube heißt auf Farsi „angour“, beginnt also mit A.]

M    Messi ist ein argentinischer Fußballspieler.

I    Eis ist eine andere Form von Wasser.
[Eis heißt auf Farsi „yakh“]

L     Tulpen sind sehr schöne Blumen.
[Tulpe heißt auf Farsi „laaleh“, beginnt also mit L.]

Das Akrostichon mit „Freund“ auf Deutsch:

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Zur Abschlussveranstaltung in Döbeln

Offenheit beginnt mit einem Lächeln
von Thomas Sparrer

Wie schön es ist, sich verstanden zu fühlen. Das durften gestern die 24 Kinder erleben, die am Lessing-Gymnasium in einer Spezialklasse Deutsch lernen. In einem Erzählprojekt konnten sie ihre Geschichten aufschreiben. Neun Übersetzer halfen ihnen dabei und bestärkten sie, ihre Muttersprache zu lieben und Deutsch zu lernen. Denn es ist ein Geschenk, mehrere Sprachen zu können. Jeder Schüler am Lessing-Gymnasium weiß, wie mühselig es ist, eine Fremdsprache zu lernen. Deshalb bekamen die Flüchtlingskinder gestern ein Höchstmaß an Respekt und Aufmerksamkeit , die nach ein paar Monaten Deutschlernen ihre Geschichten in der voll besetzten Aula auf deutsch erzählten. Die Geschichten der Kinder zeigten, dass kein Mensch einfach so seine Heimat verlässt und in ein fremdes Land flüchtet, wo er von niemanden verstanden wird. Dafür gibt es meist triftige Gründe.

Das Lessing-Gymnasium hat vor einem knappen Jahr nicht lange gefackelt und mit der Deutschklasse für die ersten sieben Flüchtlingskinder begonnen. 24 sind es mittlerweile und um diese Kinder herum versucht die Schule ein Netzwerk aus Schülern aufzubauen, das die Jungen und Mädchen einbezieht. Integration ist Dialog und gemeinsames Tun. Die Kinder mühen sich, unsere schwere Sprache samt ihrer Grammatik zu lernen. Aber selbst wenn es mit gemeinsamer Sprache noch nicht klappt, gibt es Mimik und Gestik, gibt es Offenheit und ein Lächeln, das ermutigt. Wer von Integration redet, sollte in seinem Alltag mal mit einem freundlichen Lächeln für Fremde anfangen.

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Presseberichte und Fotos von der Abschlusslesung sind auf der Website des Lessing-Gymnasiums zu finden: http://www.lgd.de/news/februar/0102-fluechtlingskinder-erzaehlen-geschichten.html

Einladung eines neuen, kleinen Projekts: Übersetzungsworkshop der Münchner Bücherschau Junior

Mit Wörtern spielen

Übersetzungs- und Schreib-Workshop

Du sprichst neben Deutsch noch eine andere Sprache und hast Spaß am Lesen und Schreiben? Mit der Übersetzerin und Schreibpädagogin Beate Schäfer kannst du kreativ mit Worten spielen, Witze, Gedichte und Lieder übersetzen oder auch selbst schreiben. Unterstützung bekommst du dabei auch von den mehrsprachigen Schreibtutoren der IFM. Bring gerne einen Text in deiner Sprache mit.

Anmeldung mit Angabe der Sprache über die IFM E-Mail ifm@daf.lmu.de
Telefon 089 / 218 068 47

Eine Kooperationsveranstaltung der Münchner Bücherschau junior mit der Internationalen Forschungsstelle für Mehrsprachigkeit (IFM) an der LMU.

Mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Übersetzerfonds e.V.

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Superkallifragilistisch-expialigetisch

Ein Rückblick auf die zweite Runde des Tandemprojektes „Wer bist du?“ in der Internationalen Jugendbibliothek München

Maganda, das klingt harmonisch, das klingt weich, das schmeichelt der Zunge. Das Wort sieht auch angenehm aus, in sorgsamer Schrift mit dickem violettem Filzstift auf einem kleinen Kärtchen notiert. Dieses Prachtexemplar haben wir zusammen mit Zungenbrechern wie škafiškafnjak und Lautmalerischem wie tarllabuq aus unserer Wortschatzkiste gefischt, um damit zu spielen. Maganda klingt nach einem großen, sanften Tier. Oder doch eher nach einer leckeren Frucht? Škafiškafnjak erinnert an Schaschlik. Tarllabuq reimt sich auf Erdrutsch und Quatsch. Was die Wörter wohl wirklich bedeuten und aus welcher Sprache sie sein mögen? Das ist erst mal ganz egal.

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Foto: Juliana Krohn

Die genannten Fundstücke entstammen dem gemeinsamen Wortschatz unserer Gruppe: Zwölf Jugendliche zwischen dreizehn und fünfzehn Jahren sind in der Internationalen Jugendbibliothek zu einem zweiteiligen Tandem-Werkstatt zusammengekommen. Es geht ums Schreiben und Erzählen, um Dialog und Austausch – um das Brückenbauen zwischen sechs Neuankömmlingen einer Übergangsklasse, die Deutsch erst lernen, und sechs deutschen Jugendlichen einer Münchner Gymnasialklasse.

Gleich zu Beginn ist da ein Staunen über die Vielfalt von Sprachen, Schriften und Erfahrungen, die im Raum versammelt sind. Die Übergangsklasse bringt Kurdisch, Farsi, Albanisch, Kroatisch und Chinesisch ins Spiel, dazu eine Sprache, von der die meisten noch nie gehört haben: Tagalog, das auf den Philippinen gesprochen wird. Vielfalt kommt auch aus der Gymnasialgruppe: Anaïs mag sich nicht festlegen, ob sie Deutsche oder Französin ist, und schreibt ihre persönlichen Texte mit Freude auf Französisch. Sarah stammt aus einer ukrainisch-russischen Familie und probiert manches auf Russisch. Auch das Deutsche fasziniert: Argjent, leidenschaftlicher Wörtersammler aus Albanien, fragt seine Lehrerin nach dem längsten deutschen Wort und wirft „superkallifragilistisch-expialigetisch“ in die Wortschatzkiste.

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Foto: Juliana Krohn

Das Schreiben in der eigenen, der Herkunftssprache steht an erster Stelle, ob es um einen Gegenstand geht, der einem besonders wertvoll und bedeutsam ist, oder um kurze Gedichte zum Thema Freundschaft oder Familie. Beide Schreibimpulse führen ins Persönliche, die entstandenen Texte lassen nicht selten Sehnsucht und Vermissen anklingen, zeigen aber zugleich, was der oder dem Schreibenden Halt gibt. Und das kann ein kleines Stoffkaninchen sein.

Auch Gespräche über Familienfotos aus verschiedensten Kulturkreisen geben Raum, Persönliches so weit zu thematisieren, wie es in diesem Moment passt. Selbst wenn die abgebildete Familie geradezu gegenteilig sein mag, im Reden über die Foto-Familien ist die eigene Familie ebenso präsent.

Schreiben, Übersetzen und Miteinander-Sprechen gehen dabei Hand in Hand, und getreu dem Tandemprinzip gibt es neben Gruppengesprächen und stillen Schreibphasen immer wieder intensive Zeiten der Arbeit zu zweit. Schwer zu sagen, was das ist, wenn Sophie mit Antonio redet oder Reza und Sarah die Köpfe zusammenstecken. Wird hier gerade gemeinsam ins Deutsche übersetzt? Interviewen die deutschen Schülerinnen ihre Tandempartner, um mehr über deren Leben zu erfahren? Tauschen sie Familienerlebnisse aus?

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Foto: Juliana Krohn

Die anfangs ausgeteilten Werkbücher, die sich nach und nach mit Texten, Skizzen und Bildern füllen, wandern in diesen Gesprächsrunden hin und her: Sarah schreibt Reza eine Übersetzung in sein Buch, Sophie macht für Antonio Notizen. Und am Ende der ersten Runde geraten alle in einen Sprach- und Schriftrausch, Stifte und Hefte fliegen hin und her: Malst du mir meinen Namen auf Chinesisch? Und du auf Kurdisch? Schreib mir einen Satz auf Albanisch ins Buch, egal was, machst du das?

Wir als Leiterinnen finden die Szenen wilden Austauschs rundum beglückend. Oder, wie wir auch sagen könnten: maganda. Denn maganda ist das Tagalog-Wort für schön.

Die von Beate Schäfer und Tina Rausch geleitete Tandem-Schreibwerkstatt „Wer bin ich?“ fand im November 2016 an zwei Vormittagen in der Internationalen Jugendbibliothek statt. Beate Schäfer ist freie Lektorin und Übersetzerin, Tina Rausch freie Journalistin und Redakteurin. Beide führen seit vielen Jahren Schreibseminare und Literaturprojekte mit Jugendlichen durch.

Hier geht es direkt zum Original-Blogbeitrag: https://ijbib.wordpress.com/2016/12/21/superkallifragilistisch-expialigetisch/#more-4331

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Einfach schmeckt Moonlight – Streiflicht aus dem Kölner Projekt

Beherzt wird immer weiter geschrieben an den Fluchtgeschichten, die ihr bald in zwei Sprachen hier lesen könnt. Das ist nicht immer leicht, macht oft traurig und verzweifelt.

Deshalb wird zwischendurch wörtlich nach neuen Lichtblicken gesucht.

Keine Geringere als Herta Müller, die zum Produzieren von Texten manchmal nur Kleber und Schere benutzt, liefert uns eine geeignete  Collagetechnik. Nach der Lektüre landet mühelos, „plötzlich Himmel“ auf dem Blatt von Bashar und Aya „einfach schmeckt Moonlight“. Auch ist in den Fingern von Manar „Lichterglanz auf Aktion, unterwegs“ mit ganz vielen anderen Wörtern. In winziger Schrift schreibt sie die arabische Übersetzung in den Text.

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Weiter geht es in Berlin:

Von Hasen, Prinzessinnen und den sechsundzwanzig wichtigsten Wörtern

Was macht man, wenn man den sechseinhalb Quadratmetern Wörter von A bis P noch fast zwei Quadratmeter hinzugefügt hat, weil Q bis Z ja noch fehlten? Natürlich eines: unter all diesen Wörtern die wichtigsten sechsundzwanzig finden. Und genau das hat die Gruppe des Max-Taut-Oberstufenzentrums letzte Woche in der Bibliothek am Luisenbad getan. Doch welche Wörter der notierten haben wirklich Gewicht und sind bedeutsam genug, um auf die Liste zu kommen? Ist es wichtiger, nett oder normal zu sein? Oder hat ein klares Nein eine noch größere Bedeutung? Nach einer intensiven Diskussion waren folgende Wörter gefunden:

Ausbildung, Beten, Computer, Deutschland, Eltern, Familie und Fußball, Geld und Glück, Hören, immer, Jacke, Klasse, Lehrerin, Mekka und manchmal, normal und nett, okay, Problem, Quatschen, Respekt, Syrien, Somalia, Schule, Termin, Übersetzen, Verstehen, Willkommen, x-mal, Yorkstrasse, Zeit und Zimmer.

Sicher, das sind mehr als sechsundzwanzig Wörter … Doch wer kann schon darüber entscheiden, ob es wichtiger ist, Zeit oder ein Zimmer zu haben? Und eine Gruppe, die sich einstimmig für Respekt als das bedeutendstes R-Wort entscheidet und sogar Wörter für Y findet, darf auch gern aus sechsundzwanzig dreiunddreißig machen …

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Die Mädchen an der Fichtelgebirge-Grundschule haben sich hingegen im Reimen geübt. In den entstandenen Zweizeilern lud eine Schnecke eine Maus in ihr Haus und ein Zwerg wuchs heimlich unter der Lupe. In einer gemeinsamen Geschichte, die auch noch entstand, lernte ein Prinz, der erst gar nichts machen wollte, doch noch eine Prinzessin kennen. Beim gemeinsamen Tanz unter einer Disco-Kugel, die in allen nur erdenklichen Farben leuchtete, fand das Paar schließlich zusammen. Und am Ende waren nicht nur der Prinz und die Prinzessin, sondern auch die gesamte Willkommensklasse glücklich.

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Aus dem Kölner Projekt

Aya ist sehr traurig, weil sie Syrien verlassen musste. Jetzt lebt sie in Köln und geht dort zur Schule. Sie hat beschrieben, wie schwierig ihre Flucht über die Türkei bis nach
Deutschland war. Sie hat es erst einmal auf Arabisch geschrieben, denn ihr Arabisch ist sehr gut. Beim nächsten Mal werden wir den Text ins Deutsche übersetzen.aya_ohne-name

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